
Zulehner: "Wer mystisch ist, ist auch politisch"
Beim Abschiedsgottesdienst der traditionsreichen "Weizer Pfingstvision" hat der Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner am Pfingstsonntag zur Hoffnung inmitten tiefgreifender globaler Umbrüche aufgerufen. "Es kommt ein neues Morgen", betonte Zulehner in seiner Predigt in der Basilika am Weizberg. Angesichts von Kriegen, Klimakrise, politischer Polarisierung und gesellschaftlicher Desorientierung sei Gott selbst der "Zeitenwender", so Zulehner, der auch Impulse für ein "zukunftstüchtiges" Christsein entwarf. Dazu gehörten "geschwisterliche Gemeinden, in denen es nicht mehr rassistische, ökonomistische und sexistische Diskriminierungen gibt, weil alle die gleiche Würde besitzen" genauso wie spirituelle Verwurzelung, gesellschaftspolitisches Engagement sowie das Überwinden lähmender Angst.
"Wer mystisch ist, ist auch politisch", betonte Zulehner mit Blick auf Papst Paul VI. und rief dazu auf, sich von Gottes Geistkraft zu "Hoffnungshebammen" zu entwickeln. "Macht kein Cocooning und spinnt euch nicht im privaten Glück ein. Engagiert euch vielmehr in der Menschenentfesselung. Wer in Gott eintaucht, taucht bei den Armen auf", so Zulehner wörtlich.
In Anlehnung an den biblischen Propheten Jesaja beschrieb Zulehner die Gegenwart als eine "epochale Zeitenwende", die nicht mit Angst, sondern mit Vertrauen und Engagement zu beantworten sei. Jesaja sei ein "Zukunftscoach", der auch heute spreche - zu einer Gesellschaft, die sich nach vergangenem Wohlstand sehne, zugleich aber mit tiefgreifenden Veränderungen konfrontiert sei. "Wohlan, ich tue ein Neues, jetzt wächst es auf - erkennt ihr's nicht?" zitierte Zulehner den Propheten (Jes 43,19).
Der diesjährige Pfingstgottesdienst markierte den Schlusspunkt der seit 1989 bestehenden "Weizer Pfingstvision". Nach 36 Jahren fand das "Weizer Pfingstereignis" heuer unter dem Motto "Neuer Morgen" zum letzten Mal in der Steiermark statt. Im Zentrum standen Themenschwerpunkte, wie KI, Klimakatastrophe und Epigenetik sowie die Frage, wie sie das Leben der Menschen verändern. Hauptorganisator Fery Berger wird Ende des Jahres als Pastoralreferent der Diözese Graz-Seckau in Pension gehen und die Veranstaltungsreihe nicht fortführen.
Die "Weizer Pfingstvision" entstand aus einer Gebetserfahrung von zwölf jungen Weizern im Jahr 1988. Bekannt wurde sie vorrangig durch jährliche Pfingsttreffen; das erste fand 1989 statt. Dabei werden spirituelle mit gesellschaftspolitischen, aber auch kulturellen Impulsen verknüpft - erst recht, seit 2001 aus dem Pfingsttreffen das "Weizer Pfingstereignis" mit mehreren Veranstaltungen wurde. Heuer finde das Pfingstereignis in einer Zeit statt, "in der ein selbsternannter Heiland Chaos in die Welt bringt, ein skrupelloser Despot täglich Zivilisten töten lässt und das Klima in unserer Gesellschaft kalt und immer kälter wird", hieß es in einer Aussendung.
Quelle: kathpress