
Parlament: Gebetsfrühstück im Zeichen des Einsatzes für Frieden
Im Zeichen des Einsatzes für Frieden und Versöhnung in Europa und eine Politik auf Basis christlich-jüdischer Werte stand am Mittwochvormittag im Parlament in Wien das 8. Internationale Parlamentarische Gebetsfrühstück. Abgeordnete aller politischen Parteien sowie Vertreterinnen und Vertreter zahlreicher Kirchen, Konfessionen und Religionen waren unter den gut 300 Teilnehmenden aus 25 Ländern. Das Treffen stand unter dem biblischen Motto "Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden". Eröffnet wurde das Gebetsfrühstück von Nationalratspräsident Walter Rosenkranz und Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler. Für den inhaltlichen Impuls konnten die Organisatoren die ORF-Wettermoderatorin Christa Kummer gewinnen.
In seiner Begrüßung unterstrich Rosenkranz die Vorbildfunktion der Politikerinnen und Politiker, wenn es darum gehe, die Grund- und Freiheitsrechte zu schützen. Freiheit brauche aber Orientierung, damit sie nicht zur Beliebigkeit wird, so Rosenkranz, der das christlich-jüdische Wertefundament Europas unterstrich. So müsse auch der Einsatz für den Frieden auf dieser geistigen Orientierung basieren. Jeder Mensch habe die gleiche unveräußerliche Würde, so Rosenkranz. Gerade in der Politik brauche es neben Macht auch Maßhalten, Demut statt Hochmut und das Bemühen, das Verbindende vor das Trennende zu stellen.
Bundesratspräsidentin Eder-Gitschthaler rief zum Einsatz für Menschenrechte und Demokratie über alle Grenzen hinweg auf. Sie erinnerte daran, dass Österreich in diesem Jahr gleich drei Jubiläen feiere: 80 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs, 70 Jahre Staatsvertrag und 30 Jahre Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Friede, Freiheit und Selbstbestimmung müssten immer wieder aufs Neue erarbeitet werden, so die Bundesratspräsidentin, die hinzufügte, dass ihr der Glaube dabei Stütze sei und Kraft gebe.
Die Abgeordnete Gudrun Kugler erinnerte stellvertretend für das parteiübergreifende Organisationsteam des Gebetsfrühstücks u.a. an einen der Gründerväter der EU, Robert Schuman. Von ihm stamme das Zitat: "Der Friede der Welt kann nicht gewahrt werden ohne schöpferische Anstrengungen, die der Größe der Bedrohung entsprechen."
Christa Kummer - sie studierte Geografie und Theologie - zeigte sich in ihren Ausführungen zum einen überzeugt, dass Glaube und Wissenschaft keine Gegensätze seien, sondern einander ergänzen würden. "Die Wissenschaft weckt mein Staunen, der Glaube trägt mein Staunen", so Kummer wörtlich. Zum anderen hob Kummer hervor, dass der Friede kein Zustand der Ruhe sei, "sondern ein Weg, den wir tagtäglich gehen müssen. Jede und jeder von uns". Dazu brauche es die Bereitschaft, sich mit sich selbst und miteinander zu versöhnen und Verantwortung zu übernehmen, so Kummer, die auch sehr persönlich über ihren Glauben Auskunft gab.
Hochrangige politische und kirchliche Vertreter
Seitens der Katholischen Kirche waren u.a. der St. Pöltner Bischof Alois Schwarz, die Wiener Weihbischöfe Wiener Franz Scharl und Stephan Turnovszky sowie Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka und Nuntius Erzbischof Pedro Lopez Quintana beim Gebetsfrühstück vertreten. Für die orthodoxen Kirchen waren u.a. der russisch-orthodoxe Bischof Aleksij (Zanochkin) und der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura mit dabei. Auch der armenisch-apostolische Bischof und Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Tiran Petrosyan, und der syrisch-orthodoxe Chorepiskopos Emanuel Aydin waren gekommen, zudem der methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs. Ebenso waren Vertreterinnen und Vertreter der Freikirchen, der evangelischen und weiterer orthodoxer und orientalisch-orthodoxer Kirchen gekommen.
Neben Parlamentariern aus 25 Ländern waren u.a. auch die albanische Parlamentspräsidentin Elisa Spiropali, der frühere slowenische Ministerpräsident Alojz Peterle und der frühere slowakische Ministerpräsident Eduard Heger gekommen, dazu die Botschafterinnen und Botschafter Ungarns, Albaniens, Kroatiens und Liechtensteins. Aus den USA war u.a. der frühere Gouverneur von Kansas, Samuel Dale Brownback, nach Wien gekommen.
Maßgeblich vorbereitet und moderiert wurde die Feier von den Abgeordneten Gudrun Kugler (ÖVP), Elisabeth Feichtinger (SPÖ) und Agnes Trotter (ÖVP). Für die musikalische Gestaltung sorgte der Chor der Parlamentarierinnen und Parlamentarier, der von Thomas Dolezal geleitet wurde. Angehörige aller Parteien waren im Chor vertreten.
Europäische Versöhnungsinitiative
Im Parlament in Wien gibt es seit 1981 regelmäßige kleinere Treffen von Abgeordneten zum Austausch und Gebet, bei denen seit 2016 alle Fraktionen vertreten sind. Sie treffen sich dazu in der Regel monatlich vor den Plenarversammlungen des Nationalrats. Bekanntheit erlangte diese interreligiöse und fraktionsübergreifende Initiative in Österreich, die seit über 60 Jahren in den USA praktiziert wird, durch das erste nationale und öffentliche Gebetsfrühstück 2017 im Parlament in Wien.
Die Initiative wurde heuer noch ausgeweitet. Am Montag trafen sich bereits Parlamentarier aus den Ländern Mittel- und Südosteuropas, um sich zu den teils schwer belasteten Beziehungen zwischen einzelnen Ländern auszutauschen, einander das Bemühen um Vergebung und Versöhnung zuzusprechen und gemeinsam zu beten. Die Begegnung fand im Rahmen einer Donauflussfahrt von Bratislava nach Wien statt. Gudrun Kugler bezeichnete die Begegnung beim Gebetsfrühstück als Meilenstein und wegweisend für die Zukunft Europas. Am Dienstagabend fand ein Empfang in der Ungarischen Botschaft statt.
Quelle: kathpress