
Diakonie: Differenzierte Bewertung des Regierungsprogramms
Die evangelische Diakonie sieht Licht und Schatten im neuen Regierungsprogramm. In einer Aussendung am Montag hat Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser an die Regierung appelliert, Vorhaben zur sozialen Sicherheit und zu guter Bildung rasch anzugehen. Dass "endlich" ein Rechtsanspruch auf ein 11. und 12. Schuljahr für Jugendliche mit Behinderungen kommen soll, sei ein bedeutender Schritt Richtung Chancengerechtigkeit und Inklusion, so Moser: "Was wir in diesem Zusammenhang allerdings vermissen, ist ein deutliches Bekenntnis dazu, dass dieses Bildungsjahr in inklusiven Unterrichtsformen genossen werden kann."
Der Ausbau der Sonderschulen dürfe nicht fortgeführt werden. Was fehle, seien Maßnahmen zur Inklusion von Kindern mit Behinderungen im Kindergarten und ein explizites Bekenntnis, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen, kritisierte Moser.
Bei der Langzeitpflege sieht die Diakonie wichtige Vorhaben, u.a. bei der Sicherstellung der Vor-Ort-Versorgung von Personen, die nicht mobil sind, Maßnahmen gegen Einsamkeit älterer Menschen, ausreichendes Personal in der praktischen Ausbildung von Pflegefachkräften oder beim Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung. Die entscheidende Frage werde freilich sein, so Moser, "wie genau diese Vorhaben umgesetzt werden, damit sich für die betroffenen Menschen wirklich etwas verbessert".
Sozialhilfe und Kindergrundsicherung
"Kompromiss kann nicht heißen, alles ins Regierungsprogramm, was den Parteien wichtig ist, aufzunehmen, mit der Folge, dass Maßnahmen einander widersprechen und nicht das halten, was sie vorgeben", wies Moser weiters auf ihrer Meinung nach unklare Absichten bei Sozialhilfe und Kindergrundsicherung hin. Die Kürzung der Sozialhilfe um die Familienbeihilfe und die niedrigen Familienzuschläge im Arbeitslosengeld erhöhten die Kinderarmut, warnte die Diakonie-Direktorin. Gleichzeitig solle eine Kindergrundsicherung die Familienbeihilfe reformieren und einkommensabhängig Kinder unterstützen.
Moser: "Die Schlagworte im Regierungsprogramm sind noch verwirrend und unklar, hier braucht es eine seriöse Abstimmung miteinander, damit am Schluss nicht mehr Kinderarmut statt weniger herauskommt", warnte die Diakonie-Direktorin vor Verschlechterungen durch die Hintertür.
Asyl und Integration
Im Blick auf den Themenbereich Asyl und Integration hielt Moser fest: "Einheitliche Standards in der Grundversorgung und Obsorge ab dem ersten Tag für Unbegleitete Minderjährige sind ein Fortschritt, der allen zugutekommt." Mit aller Schärfe zurückzuweisen sei jedoch, "wenn unter dem Deckmantel des Kompromisses demokratische Grundwerte missachtet werden". Das sei klar der Fall, wenn der Familiennachzug für anerkannte Flüchtlinge gestoppt wird.
Moser: "Das Recht auf Einheit der Familie ist ein Menschenrecht. Anerkannte Flüchtlinge können ihr Familienleben nur in Österreich fortsetzen. Aus integrationspolitischer Sicht ist die Familienzusammenführung hilfreich - sie beschleunigt die Integration massiv."
Quelle: kathpress